Air Defender 2023


(by Sarah, Lars, Richie und Klaus)

Im Juni 2023 fand in Deutschland die größte Verteidigungs- und Verlegeübung in der Geschichte der NATO statt. Die angekündigte Zahl von 250 teilnehmenden Luftfahrzeugen ließ schon lange Zeit vorher unsere Herzen höher schlagen. Da es unmöglich war in den knapp zwei Wochen alle Plätze anzusteuern wenn man noch einen Hauptjob hat, mussten wir uns leider auf das Wesentliche konzentrieren. Die Wahl fiel auf die Plätze Jagel/Schleswig und Rendsburg/Hohn in Schleswig Holstein, sowie auf Wunstorf in Niedersachsen und Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen. Den Anfang unserer zwei Touren machte jedoch Ramstein in der Westpfalz.

 

Hier waren zwei Tanker vom Typ KC-135 stationiert und natürlich das Highlight, die Northrop Grumman E-8C Joint STARS. Die Flotte der E-8 der US Air Force basiert auf umgebauten Boeing 707, die nach ihren zivilen Karrieren durch das Militär angekauft und anschließend umgebaut wurden. Alle noch vorhandenen Maschinen gehören zur 461st Air Control Wing und sind auf der Robins Air Force Base (GA) stationiert. Auch wenn die E-8 nur bedingt was mit der "Air Defender" zu tun hatte, flog sie an einigen Tagen Missionen im Rahmen der Übung.

 

 

Rendsburg/Hohn

 

Die frühere Heimatbasis des ehemaligen LTG63 ist heutzutage eher ein ruhiger Ort. Lediglich die Learjets der GfD nutzen den Platz unter der Woche täglich. Während der "Air Defender" war es jedoch einer der Hauptstationierungsorte für die Fighter der Partnernationen und somit unsere erste Station auf der Reise.

 

In mehreren Wellen flogen von Hohn aus F/A-18C der Finnischen Luftwaffe, F-15C der Air Natonal Guards aus Massachusetts und Louisiana, Eurofighter der Royal Air Force und Super Hornets und Growler der Carrier Air Wing 8 der USS "Gerald R. Ford". Die "Gerald R. Ford" ist das größte Kriegsschiff der Welt und das Typschiff der Ford-Klasse. Im Jahr 2017 ersetzte sie die USS "Enterprise", welche mehr als 50 Jahre eim Einsatz war.

 

Die Flugzeuge der Air National Guards unterstehen in Friedenszeiten dem Gouverneur des Bundesstaates und werden nur im Krisenfall der Kommandogewalt der US Air Force unterstellt. Heimat der "Bayou Militia" ist Naval Air Station Joint Reserve Base New Orleans. Die Eagles aus Massachusetts gehören zur 104th Fighter Wing auf der Barnes Air National Guard Base in Westfield.  Sie tragen wie die F-15 aus Oregon Namen von Städten aus dem Bundesstaat.

 

In den Reihen der F-15 fanden sich zwei Maschinen, die noch die Markings ihrer Vorgängereinheiten trugen. Eine Maschine trug am Heck das "ZZ" aus Okinawa und wir hatten sie erst im März in Kadena fotografiert. Die zweite flog vorher auf der Eglin AFB (FL) und hatte noch "OT" am Heck. Leider war die zweite Maschine an allen Tagen defekt und flog nicht.

 

 

CAW 8 der US Navy in Hohn

 

Eher selten findet man die Fighter der US Navy in Deutschland zu Übungen. Nachdem alle F-18 Hornet der ersten Generation ausgemustert sind, liegt die Hauptlast der Kampfaufgaben der US Navy nun bei den F/A-18E/F Super Hornet und EA-18G Growler. An der "Air Defender" nahmen acht Maschinen der Carrier Air Wing 8 teil. Die Maschinen gehören zur "USS Gerald F. Ford" dem größten und modernsten Flugzeugträger der US Navy. Zur CAW 8 gehören  vier Kampfgeschwader (VFA) mit F/A-18E/F, eine Staffel zur elektronischen Kriegsführung mit der EA-18G, eine Aufklärungsstaffel (VAW) mit der E-2C Hawkeye, zwei Hubschrauberstaffeln mit Sikorsky MH-60R/S und einige Transporter Grumman C-2A Greyhound.

 

Wenn der Träger nicht auf See ist, sondern im Hafen von Norfolk (VA) liegt, befinden sich die Flugzeuge an Land. Die Super Hornets sind dann auf der NAS Oceana in Virginia Beech stationiert. Die Growler fliegen in dieser Zeit von der NAS Whidbey Island (WA) aus. Sie ist die operationelle Heimat aller Growler der US Navy. Die Growler ist ein Doppelsitzer auf der Basis der F/A-18F Super Hornet. Vollgestopft mit jeder Menge Elektronik um feindliche Radar- und Abwehrsysteme zu stören, bringt sie es auf ein Leergewicht von 15 Tonnen und ist damit rund 1,4 to schwerer als das Basismodel.

 

 

Jagel/ Schleswig

Nur wenige Kilometer nördlich liegt vor den Toren der Stadt Schleswig der Fliegerhorst  Jagel. Er ist Heimat des Taktischen Luftwaffenge-schwaders 51. Während der "Air Defender" waren hier die F-16 aus Colorado und South Dakota, A-10 aus Michigan und Maryland, sowie Saab JAS 39 aus Kecskemet und türkische F-16 aus Merzifon stationiert. Die 151 Filo der türkischen Luftwaffe mit dem Geier am Heck ist keine Einheit, die man oft außerhalb des Heimatlandes antrifft, bekannter ist die Tigerstaffel aus  Balikesir.

 

Die Besonderheit hier war, das nahezu täglich auch A-10 ins Baltikum verlegten. Alle amerikanischen Maschinen kamen von der Nationalgarde der jeweiligen Bundesstaaten. Besonders bunt waren die Flieger der "Mile High Militia" aus Aurora/Buckley (CO). Sie hatten auch eine ehemalige Alabama F-16 dabei, die noch das rote Tail der Tuskegee Airmen trug. Die zweite Einheit mit F-16 waren die "Lobos" aus Sioux Falls. Geflogen wurde wie auch in Hohn in bis zu vier Wellen täglich. Immer in Abhängigkeit des Missionsprofils in unterschiedlicher Zusammensetzung.

 

In Hohn fand auch der "Medientag" statt, zu dem sowohl der Bundeskanzler, der US-Verteidigungsminister als auch der  Generalinspekteur der Luftwaffe anreisten. Was man von außen und auf die Entfernung erkennen konnte, gab es außer ein paar Reden und einigen positionierten Fliegern aller beteiligter Verbände nicht viel zu sehen. Somit hatten wir im Nachhinein betrachtet Glück, dass wir außerhalb stehen konnten und nicht Opfer der Pressearbeit wurden.

 

 (Bild oben by Richie)

Wunstorf

In Woche zwei ging es dann nach Wunstorf und Geilenkirchen. Aus den USA waren insgesamt 10 Lockheed C-130 verschiedenster Einheiten gekommen. Hier gab es auch eine Spotterbetreuung, die sowohl positiv auf das Verhalten am Zaun einwirkte als auch die Fotografen mit entsprechenden Informationen zu Besonderheiten versorgte. Der Wind stand günstig für unsere Pläne und so bezogen wir am Ostende des Platzes Position um auf die Abflüge zu warten.

 

Gegen 10:00 Uhr konnten wir die ersten Triebwerksgeräusche vernehmen und der Troß setzte sich in Bewegung. Da viele der Hercules noch "H"-Modelle waren, lag viel Rauch in der Luft. Es war wirklich sehr beeindruckend, wie sich dann ein Transporter nach dem anderen in den Himmel erhob.

(by Richie)


 

Es ist schon eine Weile her, dass ich eine so große Anzahl an Transportern gleichzeitig am Threshold gesehen habe. Eine Besonderheit war die Hercules aus Arkansas. Sie gehört zum AATC, dem Air National Guard Air Force Reserve Command Test Center. Die Einheit mit rund 260 Mitarbeitern verteilt auf vier Standorte, ist verantwortlich für die Evaluierung aller Waffensysteme, der angewendeten Taktiken und der Weiterentwicklung der Abläufe. Die C-130H der Einheit sind auf der Little Rock AFB in Arkansas stationiert, die Tanker in March und die A-10 auf der Davis Monthan AFB (AZ). Der Führungsstab der Einheit befindet sich auf dem Gelände der Arizona ANG am Tuscon International Airport.

 

(alle Bilder by Richie)

 

 

Die deutsche Luftwaffe hatte extra eine A-400M mit einer Folierung für die Air Defender 23 versehen. Diese flog im Verlauf des Tages zur Eröffnung der Paris Air Show 2023 nach Le Bourget. So gab es zumindest Startbilder. Wunstorf ist nach dem Ende des LTG 63 der derzeit einzige Standort eines Transportfliegergeschwaders. Pläne einen internationalen Einsatzverband in Lechfeld aufzubauen wurden zwischenzeitlich wieder verworfen. Deutschland hat insgesamt 53 Exemplare der A-400M bestellt. Weiter Nutzerstaaten sind Großbritannien, Spanien, Frankreich, die Türkei und Malaysia.

 

 

Geilenkirchen

 

Unsere letzte Station auf der Air Defender 23 war die NATO Air Base in Geilenkirchen. Der eigentlich noch geplante Stopp in Spangdahlem für die F-35 aus Vermont fiel leider einem Unwetter zum Opfer. Und so verbrachten wir noch einen netten Tag an der deutsch/niederländischen Grenze und trafen ein paar alte und neue Freunde. Außerdem ist es wohl die einzige Base an der man sich Currywurst mit Pommes direkt an die Spotterposition bestellen kann.

 

Diesmal waren es nicht die E-3A Sentry, die uns in den äußersten Westen der Republik lockten, sondern die KC-46 Pegasus der New Hampshire ANG. Eine der beiden Maschinen trägt die "Stars and Stripes" am Seitenruder. Nach langem Zittern rollte sie dann auch gegen 13:00 Uhr wirklich zum Start und versorgte in einer rund vierstündigen Mission ihre Kundschaft über Norddeutschland. Wir nutzten die Zeit und eskalierten ein wenig im Fabrikverkauf eines Schokoladenherstellers im nahen Aachen.

 

Bei ihrer Rückkehr hatte sie perfektes Licht am westlichen Bahnende auf der niederländischen Seite des Platzes. Als weiteres gab es noch zwei KC-135 aus Mississippi und Utah, sowie eine C-12 aus der US Army Wiesbaden. Für die beide sehr betagten Boeings aus dem Jahr 1957 war es auch die letzte Mission. Beide flogen nach dem Ende der Übung direkt in AMARG auf der Davis Monthan AFB in Arizona. Ein Schicksal, welches die E-3A bald teilen werden. Als Ersatz kommen dann Boeing E-7A AEW&C nach Geilenkirchen. Diese sind bereits in Australien, Südkorea und der Türkei im Einsatz.