Besuch bei Nightexpress


 

 

Es ist gegen 18:00 Uhr, als wir in der Cargo Süd des Frankfurter Flughafens eintreffen. Noch herrscht relative Ruhe an der HB–ALM. Nur ein Techniker ist mit der ATR 72 beschäftigt, welche später für die Nightexpress nach Birmingham fliegen soll. Das Flugzeug ist gut 24 Jahre alt und flog vorher schon in Laos, den Philippinen, Brasilien und Südafrika. Zusammen mit ihrer Schwestermaschine der HB-ALQ, die in Maastricht stationiert ist wurde sie langfristig von Zimex Aviation geleast. Für die Airline bedeutet der neue Flugzeugtyp einen erhebliches Plus an Frachtvolumen.

 

 

 

 

 

Die Wolken hängen tief an diesem Maiabend und so kommt die Dunkelheit recht schnell. Inzwischen ist es 20:00 Uhr und die Beladearbeiten laufen auf vollen Touren. Im Minutentakt treffen nun die Kleinlaster mit der Aufschrift BDA ein. Die Bespoke Distribution Aviation ist ein britisches Logistikunternehmen, mit dem man sich 2013 zusammengeschlossen hat. Die Airline „Nightexpress“ existiert schon seit Mitte der 1980´er und ist in Deutschland wohl nicht vielen Leuten bekannt. Das mag daran liegen, dass sie wie der Name schon sagt vornehmlich bei Dunkelheit fliegt und eine überschaubare Flotte hat.

 

 

Es gibt zwei reguläre Routen Frankfurt – Birmingham und zurück, sowie Maastricht – Birmingham – Dublin – Maastricht. Seit der Einführung der ATR 72 hat sich die Flugzeit im fast eine Stunde verkürzt. Geflogen wird unter der Woche jede Nacht. Hauptkunde ist die Britische Automobilindustrie, welche im Herzen Englands ihre großen Werke hat. Nightexpress ist Spezialist für Just-in-time Fracht, etwas was die Hersteller zu schätzen wissen. Die ungewöhnlichste Ladung, die jemals geflogen wurde, waren zwei Delphine für einen Zoo.

 

 

 

 

Derzeit betreibt man neben den zwei ATR 72 noch eine Shorts 360. Diese fehlt an jenem Abend leider, sie ist in einer großen Inspektion auf dem Siegerland Airport. Die Shorts waren über Jahrzehnte die Arbeitspferde der Flotte, doch ihre sehr langsame Geschwindigkeit und das hohe Alter machten es notwendig, sich nach Alternativen umzusehen. Umso mehr erfreute es uns zu hören, dass eine Maschine als Reserve im Bestand bleiben soll. Die zweite Maschine wurde in die USA überführt, wo sie nun ihrem Ende entgegenblickt.

 

 

Die Shorts 360, ein britisches Produkt, flog zum ersten Mal im Juni 1980. Im Gegensatz zu ihren späteren Konkurrenten, wie der Saab 340 oder Embraer 120 hatte sie keine Druckkabine, was ihre Flughöhe stark begrenzte. In der Passagiervariante konnte sie 36 Fluggäste befördern. Zu ihrer Zeit war sie ein sehr wirtschaftliches Flugzeug. Gebaut wurden 165 Exemplare aller Versionen. Größter Betreiber war der American Eagle, die Regionaltochter von American Airlines.

 

 

 

 

 

Inzwischen ist es 21:30 Uhr, der Rumpf ist voll mit Fracht und die Cockpitcrew übernimmt die Maschine. Die Besatzung an diesem Abend kommt noch von Zimex Aviation, das die eigenen Piloten noch im Training für das neue Muster sind. Dann Schließt sich die Frachtluke an der Backbordseite, die Triebwerke werden gestartet und die HB-ALM verschwindet Richtung Startbahn West in der Dunkelheit der Nacht. Unser Dank geht an alle Beteiligten, die unseren Besuch ermöglichten. Vor allem Yvonne Boag der Geschäftsführerin, die den gesamten Abend mit uns im kalten Wind ausgehalten hat.